Von Beate Bruns und Dr. Michael Roll – Sie denken darüber nach, die Personalentwicklung und berufliche Weiterbildung in Ihrer Organisation stärker und konsequenter zu digitalisieren? Die Anforderungen in Ihrer Organisation an die Qualität und Effektivität der Personalentwicklung und beruflichen Weiterbildung steigen von Jahr zu Jahr? Sie erleben das täglich: Die Business Partner, die Geschäftsführung, die Führungskräfte, die Mitarbeitenden – alle wollen gleichzeitig etwas von Ihnen, immer das Neueste, am besten gestern.
Wir leben in einer VUCA-Welt: Jeden Tag stehen wir vor einer Fülle von Veränderungen und beruflichen Herausforderungen. Lebenslanges Lernen wird in dieser komplexen und sich schnell wandelnden Welt, die von Unbeständigkeit und Unsicherheit geprägt ist, zur Schlüsselkompetenz. Dabei geht es nicht nur darum, sich Wissen anzueignen und neue Kompetenzen auszubilden. Fast noch wichtiger ist der konstruktive und produktive Umgang mit Veränderungsprozessen. Wichtige „Enabler“ dafür sind nachhaltige Lernsysteme und digitale Lern-Ökosysteme. Dort lassen sich situativ und individuell passende Settings und Formate etablieren sowie eine Lernkultur pflegen, in der eigenverantwortliches Lernen selbstverständlich ist.
Personalentwicklung und berufliche Weiterbildung digitalisieren als Schlüsselfaktor
Die digitale Transformation ist nach wie vor der Entwicklungsmotor in Unternehmen und Organisationen. Daraus resultierende Veränderungen wirken sich auf nahezu alle Geschäftsprozesse aus und haben einen hohen Qualifizierungs- und Weiterbildungsbedarf zur Folge. Daher gilt es gerade jetzt, antizyklisch in Weiterbildung zu investieren.
Wenn wir lebenslanges Lernen als Schlüsselkompetenz betrachten, begegnen wir dem digitalen Wandel auf Augenhöhe. Das gilt aber nicht nur für Mitarbeitende. Die ganze Organisation sollte sich in gleichem Maße als lebendiges Lern-Ökosystem immer weiter entwickeln. Und: Digitale Transformation erfordert eine neue Qualität von „Wissen“ und „Wissensmanagement“. Wissen kann als Ressource begriffen werden, die genutzt werden kann, um bestimmte Ziele zu erreichen. Dafür braucht es eine neue Art der Unternehmensgestaltung: eine, die selbstbestimmtes Lernen fördert und fordert. Dazu gehört auch das Etablieren nachhaltiger Lernkulturen im Unternehmen, in denen Neues, Innovatives gedeihen kann.
Die Wissensgesellschaft und die Digitalisierung der Wissensarbeit
Die Wissensgesellschaft erfordert eine ständige Erneuerung von Wissen und die Digitalisierung macht es erst möglich, dieser Forderung kontinuierlich nachzugehen. Die Halbwertszeit von Wissen sinkt. Das benötigte Wissen wird immer komplexer und einfache Routinetätigkeiten werden zunehmend von Computern und Künstlicher Intelligenz übernommen. Für die kreative Problemlösungsarbeit dort, wo Lösungswege noch unbekannt sind, wird immer noch der Mensch gefragt. Andererseits verändert die Digitalisierung, insbesondere die neuen Formen der generativen Künstlichen Intelligenz auch die Wissensarbeit. Zu diesem Schluss kommt auch die Studie „25 Thesen zur Zukunft von Arbeit und Führung“ der Universität St. Gallen. Eine der Prognosen lautet:
„Die Rolle des Menschen im Produktionsprozess [wird] transformiert […] vom Erbringer der Arbeitsleistung in den Überwacher der Maschinen. Routinevorgänge und auch körperlich belastende Tätigkeiten werden von diesen selbstständig abgewickelt. Der Mensch kontrolliert und greift nur im Notfall ein.“
Quelle: Universität St. Gallen, Studie „25 Thesen zur Zukunft von Arbeit und Führung“
Dieser Wandel in Abläufen und Strukturen sowie neue Technologien erlauben es, Informationen, Entscheidungen und Daten in Echtzeit zu übermitteln. Das verändert Kommunikation sowie Kollaboration, die nun (virtuell) live und asynchron auch über große Distanzen hinweg möglich wird. Die Geschwindigkeit der Prozesse in Organisationen steigt und somit auch die des Wissenserwerbs. Das wiederum erfordert eine hohe Flexibilität der Organisationen. Auch die Aufgaben der Personalentwicklung, der Aus- und Weiterbildung und Angebote traditioneller Weiterbildungsdienstleister müssen neu gedacht werden, um hier mithalten zu können.
Neue Rolle der Personalentwicklung: Von der Fürsorgegeberin zum Facilitator und Coach
Personalentwickler stehen im Spannungsfeld zwischen Mensch und Maschine sowie zwischen gesteigerter Selbstverantwortung und neuen Formen von Teamarbeit. Im Zuge von New Work wirken Beschäftigte zudem immer stärker an Entscheidungsprozessen mit, statt nur Anweisungen von oben auszuführen. Diese neue Arbeitshaltung wird zunehmend Einfluss darauf haben, welche Weiterbildungskonzepte erfolgreich sind. Die Rolle der Personalentwicklung war bisher mehr die einer „Fürsorgegeberin“, die Führungskräfte und Beschäftigte darauf hinweist, welcher Entwicklungsbedarf aktuell und in Zukunft notwendig ist.
Im Zuge veränderter Arbeitsprozesse entscheiden die Beteiligten selbst, mit welchem Ziel, in welchem Umfang, wann und wie sie sich weiterbilden. Das verändert die Rolle der Personalentwicklung. In ihrer neuen Rolle befähigt sie Führungskräfte und Mitarbeiter:innen dazu, ihren Entwicklungsbedarf zu erkennen und eigeninitiativ die passenden Maßnahmen zu wählen. Personalentwickler werden mehr und mehr zu Lernbegleiter:innen und Lerncoaches. Daher ist es als HR-Verantwortliche:r wichtig, Weiterbildungskonzepte zu entwickeln, die die Lernenden im gesteigerten Maße eigenverantwortlich und selbstgesteuert agieren lassen. Die Personalentwicklung und das People Development brauchen digitale Kompetenz und digitale Tools, um die zukünftige Arbeitswelt zu gestalten. Ein unverzichtbarer Baustein dabei sind Tools für das Talent Management wie zum Beispiel IBT Skills Management.
Die Personalentwicklung und die berufliche Weiterbildung digitalisieren: Eine Lernplattform als zentraler Baustein
Wenn viele Beschäftigte aus dem Büro ins Homeoffice wechseln, wollen Führungskräfte die Personalentwicklung und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter:innen digital steuern. Ein Learning Management System bündelt alle wichtigen Aktivitäten und Kennzahlen. Mit Hilfe von Learning Analytics werten Bildungsverantwortliche die Lernfortschritte anonymisiert aus. Auf dieser Grundlage können sie die Konzepte und Angebote nachjustieren und optimieren.
Individualisierung und Vernetzung sind wichtige Werte in einer wissensorientierten Organisation. Dem lässt sich Rechnung tragen, indem Unternehmen und Organisationen ein eigenes Corporate Social Network etablieren. In einem LMS mit Social Learning und Live-Collaboration-Tools präsentieren sich die Mitarbeitenden mit ihrem eigenen digitalen Profil. Sie tauschen sich mit Kolleg:innen in einer Lerncommunity aus, erzeugen und teilen Content. Bekannte Social Media-Anwendungen wie Wikis, Blogs, Activity-Streams und Foren runden die virtuelle Lernplattform ab und unterstützen Kollaboration und Wissensaustausch.
Auf den Content kommt es an
Wenn es schnell gehen muss mit der Nutzung von digitalen Lerninhalten, bietet es sich an, auf externe Bildungskataloge wie Udemy, Udacity oder edX zurückzugreifen. Die gute Nachricht ist: Mittlerweile können externe Inhalte ohne Medienbruch an das eigene LMS angebunden werden. Dies erfolgt über Schnittstellen, Links zu den externen Anbietern oder über den LTI-Standard. Ein großer Vorteil ist, dass die User diese Kurse direkt im LMS buchen können. Doch auch Fach- und Führungskräfte können zu Content-Lieferanten werden, indem sie selbst Lerninhalte erstellen. Beispiele dafür sind kurze Erklärvideos oder kleine Learning Nuggets, die sie mit einem Autorentool produzieren.
Chatbots in der Weiterbildung
Die digitalen Lernassistenten werden in den kommenden drei Jahren eine wichtige Lernform darstellen und das Lernen zukünftig revolutionieren. Die Vorteile von Chatbots im Corporate Learning liegen auf der Hand:
- individuell verfügbarer Service 365 Tage / 24 Stunden / weltweit
- quasi-persönlicher Ansprechpartner / Assistent
- Entlastung des Teams (Administration, Trainer) bei Routineaufgaben
- niedrige Zugangshürden, leichtere Navigation im Dialog
- wahlfreier Content-Zugang im „moment of need“
- Imagebildung: Zeitgemäß und innovativ
- Der Marketing-Effekt kann bei gutem Konzept sehr stark sein. Chatbot „Kim“ zum Beispiel ist ein persönlicher Lernassistent, der auf der KI-Software JIX basiert. Mit Kim kann sich der Lernende locker über KI-Wissen unterhalten. Dabei verläuft jedes Gespräch mit dem Bot anders, je nachdem, welche Gesprächsangebote der Lernende annimmt.
ZUPY feierte Premiere auf der virtuellen ZP Europe Virtual 2020. Nach ca. 650 Gesprächen und 4500 Interaktionen zeigte der Bot auf der digitalen HR-Week keinerlei Ermüdungserscheinungen. Der virtuelle Messeguide, den das Chatbot-Team der time4you erstellte, war 24/7 während der Online-Messe im Einsatz. Der Bot versorgte die Besucher:innen mit Tipps zur Messe und gab Hilfe zur Orientierung. Sobald ZUPY aus dem Urlaub zurück ist, wird der Messebuddy dann festes Teammitglied auf der ZP365-Plattform sein!
Fazit: Personalentwicklung und berufliche Weiterbildung zu digitalisieren ist heute essenziell
Fakt ist: Es braucht jetzt und in Zukunft neue Kompetenzen und Fähigkeiten für Mitarbeitende und Führungskräfte. Diese entstehen jedoch nicht von selbst, die Personalentwicklung muss sich anpassen und betriebliche Weiterbildung dementsprechend ebenfalls „weiterentwickeln“. Lernen am Arbeitsplatz, „on demand und just-in-time“, löst Wissen, das auf Vorrat gespeichert wird, ab. Reine Präsenztrainings werden zunehmend in Blended-Learning- oder E-Learning-Formate übersetzt und in einem LMS als „Single Point of Learning“ gebündelt.
Es gilt also, Personalentwicklung und berufliche Weiterbildung neu zu denken und sich strategisch für die Zukunft auszurichten. Ein wichtiger Meilenstein ist es, digitale Lernformate nachhaltig zu etablieren, sei es in der eigenen HR- bzw. Talent Management-Plattform oder im Zuge einer eigenständigen Online-Akademie.